Am 1. Juli 1924 wurde in Guangzhou eine neue Regierung der Kuomintang unter Wang Jingwei, Liao Zhongkai und Xu Chongzhi gebildet. Chiang wurde in den Militärrat gewählt, wonach auf seinen Vorschlag hin das Militär der Kuomintang und der verbündeten Kriegsherren den Namen Nationalrevolutionäre Armee bekam. Chiang verlangte Aufrüstung, die Integration der Guangxi-Armee von Li Zongren in die Nationalrevolutionäre Armee und einen baldigen Start des Nordfeldzuges zur Vereinigung Chinas., Ansätze von Chiang, die Bekämpfung der Korruption im ihm unterstellten Militär voranzutreiben, scheiterten. Er übernahm aber die Funktion des politischen Kommissars von der sowjetischen Roten Armee und besetzte diese Positionen meist mit Kommunisten, weil er sie für zuverlässiger und disziplinierter einschätzte.
Am 20. August 1925 wurde Liao Zhongkai ermordet. Chiang wurde auf Vorschlag vom Komintern-Mann Borodin Mitglied der Dreiergruppe, die den Mord aufklären sollte., Als Ergebnis der Arbeit dieser Gruppe wurde der ohnehin als korrupt bekannte Xu Chongzhi nach Shanghai entsandt, der Anti-Kommunist Hu Hanmin musste nach Moskau als Vertreter der Kuomintang bei der Komintern. Danach wurde die Kuomintang von Chiang (Militär) und Wang (Regierung) geführt. Beide waren damals dem linken Flügel der Kuomintang zuzurechnen: Das Shaji-Massaker im Juni 1924, bei dem von ausländischen Polizisten etwa 52 protestierende Chinesen, davon 20 Abgänger der Whampoa-Militärakademie, ums Leben kamen, hatte Chiangs antiimperialistische und antikoloniale Einstellung verstärkt., Chiang glaubte an eine Bruderschaft und an gleiche Interessen mit der Sowjetunion im Kampf gegen den Imperialismus. Unter anderem sandte er seinen 15-jährigen Sohn Chiang Ching-kuo nach Moskau, wo er an der Kommunistischen Universität der Werktätigen des Ostens studierte. Chiang schätzte auch die Arbeit der Kommunisten, vor allem von Zhou Enlai, bei der Mobilisierung. Im Januar 1926 wurde Chiang in den Exekutivrat der Kuomintang gewählt.
In der Folge kam es zu ersten Auseinandersetzungen innerhalb der Kuomintang über den kommunistischen Einfluss., Chiang war bezüglich des Auftretens und der Taktik der zahlreichen sowjetischen Berater unzufrieden. Für Chiang war es von Bedeutung, den Nordfeldzug sobald wie möglich zu starten, während Stalin auf Zeit spielte. Letzterer wollte der Kommunistische Partei in ihrer frühen Entwicklungsphase Zeit zum Wachsen geben und fürchtete eine mögliche Reaktion Japans auf sowjetische Einmischung in China. Am 18. März 1926 kamen Gerüchte über eine kommunistische Rebellion gegen Chiang auf. Am 20., März ließ Chiang deshalb zahlreiche Kommunisten verhaften, unter ihnen auch Zhou Einlai, ließ sie bald darauf jedoch alle wieder frei. Chiang übernahm kurz darauf den Vorsitz des Militärrates von Wang Jingwei, der sich wenig später auf den Weg nach Frankreich machte. Am 5. Juni wurde Chiang zum Oberkommandierenden der Nationalrevolutionären Armee und des Nordfeldzuges bestimmt. Ab diesem Zeitpunkt wurde er im Ausland auch als Generalissimus bezeichnet., Chen Guofu, der Chef der Organisationsabteilung der Kuomintang, begann ab diesem Zeitpunkt, Mitglieder der kommunistischen Partei aus Führungspositionen zu entfernen und politische Gruppen wie Gewerkschaften, Bauernverbände oder Armeeeinheiten zu infiltrieren.
Als der Nordfeldzug begann, hatte Chiang drei Korps und die Truppen von Tang Shengzhi, der von den Hunan-Kriegsherren zur Nationalrevolutionären Armee übergelaufen war, zur Verfügung., Sein Plan war es, innerhalb von kurzer Zeit die Provinz Hunan und den Städtedrilling von Wuhan zu erobern, von wo er zusammen mit der Armee von Feng Yuxiang in Richtung Peking marschieren wollte. Die Provinz Hunan wurde leicht eingenommen, denn die Truppen der 23 Kriegsherren, die die Provinz unter sich aufgeteilt hatten, zogen sich zurück oder liefen zur Nationalrevolutionären Armee über. Die Truppen von Chiang marschierten am 11. Juli in Changsha ein und eroberten Ende Oktober Wuhan., Ein zweiter Arm der Nationalrevolutionären Armee unter He Yingqin nahm parallel dazu die Provinzen Fujian und Zhejiang ein. In dieser Phase des Feldzuges musste Chiang mit zahlreichen Engpässen klarkommen und war gezwungen, zahlreiche Entscheidungen auf allerunterster Ebene zu treffen.
In der Kuomintang entstand gleichzeitig eine Fraktion, die Chiang auf dem Weg zum Militärdiktator sah. Im Oktober verabschiedete diese Fraktion gemeinsam mit den Kommunisten Resolutionen, die die Machtkonzentration bei Chiang kritisierte. Im November verlegte sie die Zentrale der Kuomintang nach Wuhan., Im Januar versuchte Chiang deshalb, Wang Jingwei als Parteivorsitzenden zurückzuholen, um die nicht-kommunistischen Gruppen innerhalb der Kuomintang zu vereinen. Ansätze von Borodin, Chiang als Oberkommandierenden abzulösen, scheiterten hingegen daran, dass Ersatzkandidat Li Zongren es ablehnte, Nachfolger von Chiang zu werden. Trotz alledem konnte sich Chiang auf der Lushan-Konferenz mit seinem Vorschlag, erst Nanjing und Shanghai einzunehmen und dann in Richtung Norden zu den Truppen von Feng Yuxiang vorzustoßen, durchsetzen. Am 1., März 1927 beschloss das Zentrale Exekutivkomitee der Kuomintang, Chiang einen Militärrat vorzusetzen und seine Parteiämter an den abwesenden Wang Jingwei zu übertragen. Ein geheimer Haftbefehl für Chiang wurde erlassen, den man jedoch weithin ignorierte und von dem Chiang wahrscheinlich informiert wurde. Am 22. März marschierte die Nationalrevolutionäre Armee unter Bai Chongxi in Shanghai ein, was von Kuomintang und den Kommunisten mit einem Generalstreik vorbereitet worden war. Wang Jingwei kam am 6. April in Shanghai an, lehnte es aber ab, die ihm angetragenen Ämter zu übernehmen., Wang und der Kommunist Chen Duxiu veröffentlichten eine Erklärung, wonach die Kommunistische Partei keinerlei Unterwanderung der Nationalrevolutionären Armee anstrebe, ließen Chiang in Shanghai zurück und fuhren nach Wuhan. Am 6. April beschloss das Aufsichtskomitee der Kuomintang mit Personen wie Chang Jieru, Dai Jitao, Chen Guofu und Chen Lifu, die Kommunisten aus der Partei zu entfernen, bevor sie sich mit der Grünen Bande von Du Yuesheng und Huang Jinrong verbinden könnten. Der Entschluss von Chiang hierzu dürfte allerdings schon viel früher gefallen sein. So kam es am 12. und 13., April zum Shanghai-Massaker, bei dem Tausende Kommunisten und Unbeteiligte getötet wurden.
Am 18. April rief Chiang eine Gegenregierung unter Hu Hanmin aus, die in Nanjing ihren Sitz haben sollte. Hu ordnete die Verhaftung von Borodin und zahlreicher kommunistischer Anführer an, während die Wuhan-Regierung Chiang aus allen Ämtern enthob und eine hohe Prämie für seine Verhaftung oder Ermordung aussetzte. In dieser Situation hatte Chiang den Vorteil, die Handels- und Finanzplätze Shanghai, Nanjing und Ningbo zu kontrollieren., Mithilfe von Du Yuesheng konnte er von den Unternehmern hohe Summen erpressen, darüber hinaus brachten Steuern auf den Opiumhandel hohe Einkünfte. So konnte er den Nordfeldzug fortsetzen, mit seinen drei Korps nahm er Nord-Jiangsu ein. Die Wuhan-Regierung verlor hingegen aufgrund des Vorgehens der Kommunisten auf dem Land in Hunan und Jiangxi an Zuspruch.
Am 19. Juni verbündete sich Chiang in Xuzhou mit Feng Yuxiang, den er nun dank seiner Finanzquellen mit 2 Millionen Yuan pro Monat unterstützen konnte., Feng entfernte daraufhin sofort alle Kommunisten – darunter auch Deng Xiaoping – aus seinen Truppen. Kurz darauf schloss sich auch Yan Xishan Chiang an und ließ in den von ihm kontrollierten Territorien Jagd auf Kommunisten machen. Die Nationalrevolutionäre Armee wurde jedoch wenig später bei Xuzhou vom Kriegsherren Sun Chuanfang empfindlich geschlagen.
Chiang heiratet Song Meiling
In dieser Situation schlug Chiang seinem Widersacher Wang Jingwei Versöhnung vor, was Wang jedoch ablehnte., Dies veranlasste Chiang dazu, am 12. August 1927 seinen Rücktritt bekanntzugeben. Er zog sich in seinen Heimatort Xikou zurück und rief die Kuomintang dazu auf, sich zu vereinigen und den Nordfeldzug weiterzuführen. Am 1. Dezember heiratete er in Shanghai Sun Yat-sens Schwägerin Song Meiling, nachdem er 1921 noch zurückgewiesen worden war. Während seiner Abwesenheit hieß er deutsche Hilfe in Form von 46 Offizieren unter Max Bauer willkommen. Es wurden umfangreiche Pläne zur Modernisierung des chinesischen Militärs erarbeitet., Der Kuomintang hingegen ging ohne Zugriff auf Chiangs Geldquellen bald die finanziellen Mittel aus. Wang musste Chiang bitten, in seine alten Ämter zurückzukommen; Wang selbst zog sich hingegen nach Frankreich zurück. Chiang setzte seinen Schwager T. V. Soong als Finanzminister ein, so dass das Geld für die Armee bald üppiger floss als zuvor.
Im April 1928 stand die Nationalrevolutionäre Armee vor der Stadt Jinan, in der sich viele japanische Zivilisten aufhielten. Tokio hatte 5000 Soldaten unter dem Kommando von Fukuda Hikosuku als Schutz nach Jinan entsandt., Chiang zögerte, die Stadt anzugreifen, weil er eine heftige Reaktion des militärisch viel stärkeren Japan befürchtete, und suchte das Gespräch. Die Japaner massakrierten hingegen die Vertreter der Kuomintang-Regierung in Jinan und später zwischen 2000 und 11000 chinesische Zivilisten und Soldaten. Es kam zu einer Welle der Entrüstung, so dass sich Japan ein Jahr später aus der ganzen Provinz Shandong zurückzog und teilweise die Verantwortung übernahm.,
Im Mai 1928 überraschte Japan Chiang mit der Erklärung, dass es die Einnahme von Peking und ganz China mit Ausnahme der Mandschurei durch die Nationalrevolutionäre Armee akzeptieren würde. Peking wurde im Sommer 1928 von der Nationalrevolutionären Armee besetzt. Am 6. Juli traf Chiang sich mit den Kriegsherren Feng Yuxiang, Yan Xishan, Bai Chongxi und Li Zongren in den Westbergen bei Peking, wo sie dem verstorbenen Präsidenten Sun Yat-sen die Treue schworen. Mit dem Kriegsherren des Nordostens Zhang Xueliang fand Chiang auch bald eine Vereinbarung., China war damit formell geeint, wenngleich die Macht der Regierung nur einen relativ kleinen Teil des Landes erreichte. Ab 10. Oktober war Chiang Vorsitzender des Staatsrates, der Kuomintang und Oberkommandeur des Militärs. Im Januar 1929 hielt man eine Demobilisierungskonferenz ab. Chiang kündigte an, China nach japanischem und deutschen Vorbild entwickeln zu wollen. Die früheren Kriegsherren dachten jedoch nicht daran, ihre Einflussbereiche zu Gunsten der Zentralregierung aufzugeben., Es kam zu langwierigen militärischen und geheimdienstlichen Auseinandersetzungen, Intrigen und Kauf von Unterstützern. Chen Lifu gründete in dieser Phase für Chiang mit der Untersuchungsabteilung der Organisationsabteilung einen Geheimdienst, Dai Li gründete das Büro für Ermittlungen und Statistik im Militärrat, einen zweiten Geheimdienst. Diese beiden Organisationen führten zahlreiche verdeckte Operationen durch, sie waren für Korruption, für das Verschwindenlassen von missliebigen Personen, für Drohungen und Infiltrationen verantwortlich.,
Im April 1929 ließ Zhang Xueliang das sowjetische Konsulat in Harbin plündern. Im Sommer übernahm er die Ostchinesische Eisenbahn, die seit 1896 unter gemeinsamer russisch-chinesischen Verwaltung stand. Als Reaktion marschierten am 12. Oktober 1929 sowjetische Truppen unter dem früheren Mentor von Chiang, General Blücher, in die Mandschurei ein. Sie besiegten innerhalb kürzester Zeit die stärksten Truppen von Zhang., Entgegen früherer Zusagen lehnte Chiang jegliche Hilfe ab und im Dezember 1929 wurde das Chabarowsk-Protokoll unterzeichnet, das der Sowjetunion mehr Einfluss auf die Osteisenbahn zugestand.
Im Jahre 1929 hatte die Weltwirtschaftskrise auch China erfasst, die Kommunisten befanden sich im Aufschwung. Chiang warnte zwar vor der kommunistischen Gefahr, wollte jedoch zuerst die Kriegsherren besiegen und danach die Kommunisten bekämpfen. So bekamen die kommunistischen Guerillas genug Zeit, ihre Basen einzurichten und konnten sich zu substanziellen Kräften organisieren., Die gleichzeitig stattfindenden Kriege mit und zwischen den Kriegsherren ermüdeten das Volk, zahlreiche Banditen, Deserteure und verlorene Soldaten durchstreiften das Land. Sie wurden von der Guerilla der kommunistischen Partei aufgenommen. Im Juni 1930 verbündeten sich die Kriegsherren Li Zongren, Bai Chongi, Yan Xishan und Zhang Fakui mit Wang Jingwei zur Bewegung zur Rettung Chinas vor Chiangs Diktatur. Im Sommer und Herbst verwüstete ein Bürgerkrieg zwischen Chiang und dieser Allianz die Provinzen Henan, Hunan und Shandong, es gab etwa 240.,000 Todesopfer, letzten Endes siegte die Zentralarmee von Chiang mit der Hilfe von Zhang Xueliang. Im Herbst 1930 schlug der erste Feldzug, von Lu Diping kommandierte gegen den Jiangxi-Sowjet fehl. Im April 1931 kam es zu einem zweiten Feldzug von 200.000 Soldaten aus der Armee von Feng Yuxiang unter He Yingqin, der zu einem neuen Fehlschlag führte. Am 1. Juli 1931 begann ein dritter Feldzug, den Chiang persönlich kommandierte, mit 130.000 Soldaten, der sich für die Kuomintang vielversprechend entwickelte., Aufgrund des zeitgleichen Ausbruches von Kämpfen zwischen chinesischen und japanischen Truppen in der Mandschurei musste Chiang nach Nanjing zurückeilen. Chiang entschied, die Japaner erneut zu besänftigen, während Zhang Xueliang seine Truppen zurückzog, um einen Krieg zu vermeiden. Es kam im ganzen Land zu Protesten gegen die Japan-Politik von Chiang, erneut gründete Wang Jingwei eine Gegenregierung, dieses Mal in Guangzhou. Während Wang Chiang zum Rücktritt aufforderte, rief Chiang die Studenten und Protestierenden auf, sich der Armee anzuschließen und gegen Japan zu kämpfen., Die gewalttätigen Proteste gingen jedoch weiter. In dieser Situation sah Chiang sich vor der Wahl, zurückzutreten oder Militärdiktator zu werden; einen Krieg gegen Japan sah er jedoch als ernsthafte Gefahr für China und lehnte ihn ab. Am 15. Dezember 1931 trat Chiang somit zurück und zog sich erneut nach Xikou zurück.
Auf Bitten seiner Frau und nach „sorgfältiger Prüfung des Fragenkomplexes“ war Chiang Methodist geworden. Später hat er selbst eine chinesische Bibelübersetzung redigiert und ein Vorwort zu einer Psalmübertragung geschrieben.,
Nach der Ausschaltung der Kommunisten und der Wiedererlangung der Kontrolle über Nordchina wurde Chiang auch vom Ausland als der neue starke Mann Chinas anerkannt. Die Anzahl der ausländischen Konzessionen verringerte sich. Die Kuomintang-Regierung gewann die Kontrolle über Steuern und Zölle zurück, die unter der Qing-Dynastie an die ausländischen Mächte abgetreten worden waren. Chiang stützte seine Macht auf die Bourgeoisie der Ostküste, deren Geschäftsinteressen gewahrt wurden. Die harten Lebensumstände der Bauern hingegen verbesserten sich nicht.